Hamburg hat alle nötigen Voraussetzungen, um Deutschlands Fahrradhauptstadt zu sein. Es ist leidlich flach. Seine Straßen sind in der Regel sehr gerade und sehr breit. Die Entfernungen innerhalb von Subzentren sind gering und die Einwohnerdichte ist recht hoch. Ist Hamburg also ein Paradies für Radler?
Nein. In den 60er/70ern wurden teilweise sogar bestehende Radwege zurückgebaut, um mehr Parkplatzfläche für Autos zu erhalten. Die Radwege wurden dabei wegrationalisiert oder auf gerade einmal 60 Zentimeter schmale Streifchen reduziert. Teilweise mussten sich Radfahrer und Fußgänger einen Streifen von einem Meter Breite teilen. In den letzten Jahren fand dann ein Umdenken statt, aber an der Last der Vergangenheit hat Hamburg immer noch schwer zu knabbern.
Nach der Aufhebung der generellen Radwegebenutzungspflicht Ende der 90er wurden in den letzten Jahren immer mehr Hamburger Radwege von der Nutzungspflicht befreit. Leider geschah das in Hamburg oft nur sehr halbherzig. Sichere Übergänge zwischen nutzungspflichtigen Radwegen und der Fahrbahn sind in der Regel kaum vorhanden – eine große Gefahr für Radfahrer und es verunsichert auch die Autofahrer.
Radfahrer fühlen sich in Hamburg generell nicht besonders wohl. Der ADFC führt regelmäßige Befragungen unter Radfahrern durch. Im sogenannten »Fahrradklimatest« landete Hamburg im Jahr 2012 bei den Städten über 200.000 Einwohnern auf Platz 34 von 38. Punkten konnte Hamburg in dieser Umfrage nur durch sein sehr gutes Verleihsystem – sonst wäre es noch weiter unten gelandet.
Einzelne Aspekte stechen dabei besonders hervor. So bewerteten die Hamburger Radfahrer die Probleme mit Falschparkern auf Radwegen auf einer Skala von 1 bis 6 mit einer 5,38. Viel schlechter geht es nicht mehr. Die Sicherheit beim Radfahren erhielt die Wertung 4,8 – passend zu den Unfallzahlen. Im Jahr 2012 gab es 2 tote Radfahrer in Hamburg. Im Jahr 2013 waren es schon 11. Ein Großteil der schweren oder tödlichen Unfälle waren dabei die sogenannten Abbiegeunfälle. Symptomatisch dafür ist der letzte tödliche Unfall im Dezember: Ein Radfahrer fuhr dabei vorschriftsmäßig auf dem gemeinsamen Fuß- und Radweg und überquerte eine Kreuzung. Dabei wurde er von einem abbiegenden LKW übersehen.
Insbesondere bei diesem Unfall kamen schnell Stimmen auf, die vermuteten, dass die – im Rahmen des Busbeschleunigungsprogramms – gerade umgebaute Kreuzung eine gewisse Mitschuld an diesem Unfall getragen hatte. Die Polizei dementierte diese Vermutung zwar, aber dennoch kann man davon ausgehen, dass der LKW-Fahrer den Radfahrer nicht übersehen hätte, wenn er vor ihm auf der Fahrbahn gefahren wäre.
Die Unfallstatistiken sprechen hier eine klare Sprache: Das Fahren auf Radwegen ist gefährlicher als viele denken. Das Fahren auf der Straße ist tatsächlich nicht gefährlicher als auf Radwegen. Aus diesem Grund setzen wir uns in Hamburg auch dafür ein, dass der Radverkehr grundsätzlich auf die Straße gehört – auf Radfahrstreifen, auf Schutzstreifen oder im Mischverkehr. Diese Erkenntnis ist auch in die aktuellen »Empfehlungen für Radverkehrsanlagen« ERA eingeflossen, nach denen sich die Straßenverkehrsplaner richten sollen.
Leider werden diese Empfehlungen in Hamburg immer wieder missachtet. Es gibt sie: Die »lichten Momente«, in denen wirklich gute Dinge gemacht werden – aber dann werden wieder unvermittelt Verkehrsanlagen geplant, die auch aus den 70ern stammen könnten. Es fehlt in Hamburg ganz eindeutig an der klaren Linie. Zwar gibt es auch speziell für Hamburg Richtlinien, die »Planungshinweise für Stadtstraßen in Hamburg« PLAST, aber zum einen werden auch diese gerne missachtet, zum anderen enthalten sie einige durchaus überarbeitungswürdige Punkte.
Das müssen wir ändern: Radfahrer müssen in Hamburg endlich wirklich ernst genommen werden. Es muss endlich nicht nur klare Vorgaben geben, sie müssen auch eingehalten werden. Wir sollten uns hier ein Vorbild an Städten wie zum Beispiel Kopenhagen nehmen. Dabei brauchen wir in Hamburg keine einzelnen Leuchtturmprojekte wie den Loop oder Alibi-Lösungen wie die neue Fahrradstraße an der Alster, wo versucht wurde, es allen recht zu machen. Wir brauchen endlich durchgängige Verkehrswege – und das kann durchaus auch einmal bedeuten, dass andere Verkehrsteilnehmer zurückstecken müssen. Radfahrer müssen endlich als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer anerkannt werden und nicht nur als störendes Beiwerk.
Aber hier müssen sich auch die Radfahrer in die Pflicht nehmen lassen. Wir – das sage ich als Radfahrer – können nur dann Verständnis einfordern, wenn wir selber Verständnis zeigen. Dazu gehört eben auch, dass wir die Verkehrsregeln beachten und uns nicht als »Rebellen der Straße« sehen. Radfahrer, die ohne Licht über rote Ampeln fahren oder Passanten auf Fußwegen als Slalomstangen missbrauchen, sorgen nicht für ein gutes Miteinander.
Die Piraten wollen Hamburg zur freien und Fahrradstadt Hamburg machen. Am 15. Februar habt ihr die Möglichkeit, uns das Mandat dafür zu geben. Macht ihr mit?
Michael Vogel
Listenplatz 11
Direktkandidat im Wahlkreis 1 – Hamburg-Mitte
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